Sonntag, 24. Mai 2009

Stellungnahme zum Tageblattartikel "Kulturkampf auf dem Waldfriedhof"

Die Äusserungen von Superintendent Dr. Blanke sind eine Einladung zum Streit und Grabenkrieg, die ich hiermit gerne ausschlage. Wir Menschen sollten mittlerweile verstanden haben, dass noch kein Grabenkrieg die Welt verbessert hat!

Den Herausforderungen einer modernen Gesellschaft mit einer Vermischung der Herkünfte und Kulturen sollten wir besser mit Verstehen, Toleranz, Kommunikation und Händereichen begegnen. Dies würde auch den Amtskirchen gut zu Gesicht stehen.

Der Waldfriedhof ist nicht an Konfessionen gebunden. Hier kann jeder unabhängig von der eigenen Religion seine letzte Ruhestätte finden. Deshalb habe ich als Künstler und die Stadt (hier vertreten durch Frau Fritz) auf vordergründige christliche Motive verzichtet.

Genauer betrachtet besteht der Grundriss meines Lebenskreises aus einem Kreuz in einem Kreis. Das Kreuz wird durch die Nord-Süd-Achse (Eingang, Brunnen und Stele) und der Ost-West-Achse (Bänke und Brunnen) gebildet. Der Kreis wird durch die äussere Form eingefasst. Dies sind die Grundformen von mehr als 1200 Jahren Kirchenarchitektur.
Sicherlich erinnert dieses Kunstwerk auch an vorzeitliche Kraftplätze. Durchaus ein von mir bewusst gewähltes Zitat. Mir persönlich ist jedoch kein Steinkreis bekannt, bei dem die äussere Form einen Weg einfasst. Dies ist ein gestalterisches Zitat und eine Anlehnung an klösterliche Kreuzgänge. Ein Weg, den man in innerer Einkehr (in Kontemplation) begehen kann. Ein Weg auf dem der trauernde Friedhofsbesucher Ruhe, Trost, Kraft, Erkenntnis, dem Verstorbenen oder auch Gott begegnen kann.

Dem Himmel entgegenstrebende Stelen bzw. Säulen, Licht, Feuer, Wasser, alles Elemente die auch in der christlichen Architektur und Liturgie eine Rolle spielen.

Warum hat keiner erwähnt, daß 24 Menschen den Lebenskreis eingeweiht haben. Daß diese Menschen im Alter von 1 bis 80 Jahren die Lebensalter repräsentiert haben. Daß mindestens 7 davon einen Migrationshintergrund haben. Daß diese Menschen Licht in den Kreis brachten. Daß in dem Moment, als vor jeder Stele jemand stand, das "Ave Maria" acapella von einer klassisch ausgebildeten, professionellen Sängerin vorgetragen wurde. Warum hat niemand erwähnt, daß nach diesem feierlichen Moment die Beleuchtung und der Brunnen erstmalig vor Publikum eingeschaltet wurde.

Wer den Sinn einer heiteren, feierlichen Einweihung zum "Fackelaufmarsch" und in "Nähe zum Nationalsozialismus" verdreht, macht das vorsätzlich.

Bleiben mir trotzdem Humor und Phantasie... Was wäre wohl geworden, wenn ich mir nicht in sprichwörtlich letzter Minute einen B-Plan ausgedacht hätte. Wir wollten eigentlich von jeder Stele aus einen kleinen Leucht-, Heißluftballon (chin. Wunschballon) in den Nachthimmel steigen lassen. Leider gab es dafür von der Flugaufsichtsbehörde keine Genehmigung und für Ballone an einer Drachenschnur wurde es zu windig. Also wäre das dann eine Zusammenrottung von UFO-Spinnern gewesen, oder...?

Sicherlich empfinde ich den Angriff auf meine Person und Werk mit Mitteln aus der untersten Demagogenschublade als verletzend. Aber vor allem empfinde ich es gegenüber den vielen wunderbaren Menschen , die christliche Werte leben, als unwürdig.

Ich werte diesen Affront als Ausrutscher. Für eine sachliche Auseinandersetzung stehe ich gerne zur Verfügung.

Herzlich Frank Rosenzweig

1 Kommentar:

Jörn Hendrik Ast hat gesagt…

Hallo Frank,
zuerst einmal herzlichen Glückwunsch für dieses wundervolle Kunstwerk. Kraftplätze sind so wichtig, gerade im Umgang mit so wichtigen Themen wie Sterblichkeit, Tod und Erneuerung.

Man sollte nicht zu viele Worte über die Kritiker verlieren, es schmerzt mich eben so wie dich. Es ist traurig zu lesen was da geschrieben wird. Deine Reaktion allerdings ist großartig. Kein Kampf sondern Dialog anbieten. Durch offene Arme die Anschuldigungen in ihrem Ursprung aushebeln; Angst. Denn nichts anderes treibt sie.

Ich wünsche dir in jedem Fall, dass die vielen Gäste die auf der einweihung waren und die Fans deiner Kunst ihr Wort zur rechten Zeit für dich vorbringen.

Alles Gute und möge die Kreativität weiterhin fließen!

Jormason
(Jörn Hendrik)