Donnerstag, 27. November 2008

Laudatio

Verschiedentlich wurde ich gefragt ob es die Laudatio von Horst Niebuhr auch noch einmal zum Nachlesen gibt.
Und tatsächlich war der Gute so gut zu uns. Hier also schriftlich, was noch sonor und mit viel Witz in meinen Ohren klingt:


Sehr geehrte Frau Russell, Eure Lieblichkeit Präsident Betzler, liebe Valerie Rosenzweig, lieber Frank Rosenzweig, meine sehr verehrten Damen und Herren,
Vanitas vanitatum, dixit Ecclesiastes, vanitas vanitatum omnia vanitas.
Es ist alles ganz eitel, sprach der Prediger, es ist alles ganz eitel.
Nix un wedder nix, so seggt de Prediger, nix un wedder nix – allens is nixhaftig.
Ich sah die Arbeit, die Gott den Menschen gegeben hat, daß sie sich damit plagen. Er hat alles schon gemacht zu seiner Zeit, auch hat er die Ewigkeit in ihr Herz gelegt, nur daß der Mensch nicht ergründen kann das Werk, das Gott tut, weder Anfang noch Ende.
Da merkte ich, daß es nichts Besseres dabei gibt als fröhlich sein und sich gütlich tun in seinem Leben. Denn ein Mensch, der da ißt und trinkt und hat guten Mut bei all seinen Mühen, das ist eine Gabe Gottes (wohlgemerkt, der Mensch!).
Was geschieht, das ist schon längst gewesen; und Gott holt wieder hervor, was vergangen ist.
Ich habe Frank Rosenzweig nicht gefragt: „Nun sag, wie hast du’s mit der Religion?“ – Das ist auch nicht wichtig, denn er hält es ja faktisch mit dem Prediger Salomo und pflegt auch in seiner Vanitasmalerei, also seiner Malerei des Vergänglichen und der Vergänglichkeit dessen Optimismus und Goethes Stirb und Werde. Und was wäre heller und lichter und damit optimistischer als diese wunderschönen Großformate, vor denen wir hier heute Abend in dieser dem Sujet besonders würdigen baulichen Umgebung stehen. Sie wissen, meine Damen und Herren, daß ich damit nicht etwa eine Morbidität und Vergänglichkeit der alten Bauschule meine. ---
Frank Rosenzweig aber hat selbst Todesnähe erlebt, und das gibt seinem Optimismus ebenso besondere Authentizität wie seiner Malerei, in der solcher Optimismus aufgehoben ist. Er arbeitet seit Anfang Juni in einem Atelier im Dachgeschoß dieses Hauses mit einem herrlichen Ausblick nach Westen und auf die Buxtehuder Sonnenuntergänge hinter der Petrikirche, zwischen Halepaghenstraßenschule und alter Superintendentur hindurch auf deren Hochchor, wenn man so will also versus populum und nicht versus deum.
Ich war erst vor ein paar Tagen zum erstenmal oben in diesem Atelier, und das erste, was mich umfing, war dieses Licht und Leuchten der Vanitasbilder. Ich denke, daß dies auch das Einzigartige ist in Frank Rosenzweigs Kunst gegenüber der Vanitastradition in der Malerei. Ich meine damit Stilleben mit der üppigen Verderblichkeit der Früchte und Blumen oder in einem Arrangement totgeschossener Fasane und Hasen mit der unweigerlichen Assoziation des goût sauvage. Oder die Düsternis der danses macabres bei Max Slevogt, Lovis Corinth, Ferdinand Hodler bis hin zu Horst Janssen, der es mit dem Tod aufzunehmen und ihn zu verhöhnen trachtete, bei Strafe des eigenen Todes in der Pommeryflasche.
Nichts findet sich bei Frank Rosenzweig von dem sonst gewohnten Antibild körperlicher Fleischeslust und Verführung, nichts von der Darstellung des Körpermaterials und dessen Verfalls.
Das Alter zeigt sich in diesem Zyklus allein, jedoch ebenfalls ohne Düsternis, in dem Bild Im Strom der Zeit, wo oben die Ursuppe brodelt und blubbert und es unten rostige Schnuppen der Vergänglichkeit hagelt. In diesem Bild fiel mir auf, wie sehr die Haltung der schwangeren Frau der Haltung der Maria Magdalena gleicht, die Guido Cagnacci 1663 gemalt hat, nur daß Maria aus Magdala dort, wo Rosenzweigs Schwangere ihren dicken Bauch hat, das Ölgefäß hält. (*)
Se is mit een Glas vull dür Öl kommen. Se is mit Weenen von achtern an Jesus rangohn; ehr Tronen sünd op sien Fööt follen. Mit ehr Hoor hett se de wedder affdröögt, hett de küsst und dor dat Öl öwer goten.
Ich merke, wie der Künstler jetzt zusammenzuckt, weil er daran nun gar nicht gedacht hat. Macht nichts, Gott holt wieder hervor, was vergangen ist.
Kommen wir zu den großen Akten eins bis fünf. Welch schöne Frauen und Vergänglichkeitsikonen und welch eine radikale Abwendung von Helmut Newtons Big Nudes! Die Rostbilder entstehen ja im Liegen, und Tausende von Nägeln werden dafür auf einem Leinentuch geordnet und regelmäßig begossen, bis sie schließlich gleichmäßig rostig sind und abgenommen werden, worauf sich der Rost auf dem weißen Leinen als Frank Rosenzweigs ureigenes Vanitassymbol zeigt.
Was da in dem anderen Bild als Schönheit über die Vergänglichkeit triumphiert, sind Orchidaceae Phalaenopsis, die auf Deutsch Nachtfalterorchideen genannt werden, und auch dies ist nicht ohne Vergänglichkeitssymbolik, so daß es mit dem Triumph keine große Berechtigung zu haben scheint.

Das wahrhaft triumphale Bild aber ist das Größtformatige hier heute abend mit dem Titel Woher komme ich und wohin gehe ich, und wir sehen den Rückenakt einer wunderschönen Frau zierlich über die glitschigen Steine hinwegbalancieren, die am Grunde der oberen Este herumwandern. Sie bewegt sich wie hingezogen zu dem Unbekannten im Hintergrund des Bildes - versus caelum, aufs Jenseitige gerichtet - und zeigt uns deshalb ihren nicht wenig reizenvollen Po. Schließlich haben wir es mit einer dem Realismus verpflichteten Kunst zu tun. Die Este ist allerdings auch eine kleine Epiphanie des Styx, der das Totenreich von den Lebenden trennt, und von rechts naht das Vergängliche und hat bereits die schöne Frau erfaßt. Welch ein hinreißendes Bild haben wir hier vor uns. Aber vielleicht dürfen wir bei dessen Anblick doch ein wenig in kindlichen Kategorien empfinden und hoffen, daß das eiskalte Wasser der Este das letale Fieber aus den schmalen Waden der jungen Frau herauszieht und sie sich ganz plötzlich wieder uns zuwendet.
Meine Damen und Herren, das mag als kleine einführende Tour d'horizon durch die Vanitaswelt hinreichen, die in diesem Sommer und Herbst hier in diesem Haus und in der Obhut seines Genius loci entstanden ist. Nicht von ungefähr und nicht ohne Symbolkraft feiern wir die Ausstellungseröffnung dieser Vanitaswelt zwischen Buß- und Bettag und Totensonntag, zugleich aber in der Gewißheit des kommenden Advents. Ich gratuliere Frank Rosenzweig von ganzem Herzen zu dieser besonderen Schöpfung.


(*) Hier hat mich meine Erinnerung genarrt, und zwar auf bizarre Weise. Es kam mir auf die hintübergebeugte Haltung von Cagnaccis Maria Magdalena an. Allerdings zeigt sich bei neuerlichem kritischem Hinsehen, daß Cagnacci eine Maddalena svenuta gemalt hat, eine ohnmächtige Magdalena, die in ihren Händen gar kein Glas Salböl hält, sondern einen Totenschädel. Damit stellt sie aber eine dem Tod verfallene Büßerin dar. Ich muß zugeben, daß ich dies sozusagen „nicht auf dem Zettel“ hatte, zumal Lk 7,36-50 dazu gar nichts hergibt. Im Gegenteil: die „Sünderin“ in diesem Kapitel begegnet Jesu Christo so vorbehaltlos, daß er die Sündhaftigkeit von ihr nimmt. Namentlich wird Maria Magdalena in Lk 8,2 als eine der Jüngerinnen Jesu erwähnt, und erst das frühe Mittelalter hat in ihr die „Sünderin“ des voranstehenden Kapitels erkennen wollen, die nunmehr im Widerspruch zum Text von dem Makel der Prostituierten nicht befreit und deshalb bis ins 19. Jahrhundert nackt gemalt wird. Kunstgeschichtlich und zugleich mental ist dies bei mir auf einen blinden Fleck getroffen. Mein Bild Maria Magdalenas ist hingegen von Luise Rinsers Romanfigur Mirjam geprägt, so daß ich den Vergleich der Schwangeren im Strom der Zeit mit Maria Magdalena in freundlichster Absicht vorgenommen habe und weil beide Frauen in ähnlicher Weise hingegossen gemalt sind, ohne daß mir bewußt war, wie sehr ich mich auf der finsteren Seite der Vanitasikonographie bewegte, von der uns die Vergänglichkeitsauffassung Frank Rosenzweigs ja gerade befreit. Ich bin allerdings froh, daß ich damit unverhofft ein Weiteres zur Rehabilitation Maria Magdalenas habe beitragen können.

Herzlichen Dank mein lieber Horst!
Frank

Fotos (c) Thomas Grziwa Foto-DocuMoments

Horst Niebuhr Sprachliebe - Lektorat

Freitag, 21. November 2008

Vernissage der Vanitas Ausstellung

Liebe Kunstfreunde , hier ein paar Eindrücke der Vanitas-Vernissage in der Buxtehuder Hochschule 21. Wir sind sehr glücklich über die grosse und positiver Resonanz. Nochmal möchte ich mich bei all meinen Gästen für ihren Besuch und das Interesse bedanken. Schade, dass ich kaum Zeit für längere Gespräche hatte.

Nachdem Frau Russel im Namen der Hochschule die zahlreichen Besucher begrüsst hatte, hielt Horst Niebuhr die Laudatio. Ganz fein, in fesselnder Manier, kurzweilig und sprachwuchtig auf den Punkt. Nach einer kurzen Pause habe ich dann selbst ein paar Dankesworte, und vor allem, ein paar Erklärungen über die Technik im Umgang mit Rost an das Publikum gewandt.

Anschliessend hat uns unsere bezaubernde Schwiegertochter, Delia Rosenzweig, in die Welt des klassischen Gesang entführt. Delia wurde von Martina Fromme am Piano begleitet. Leider sind hierzu keine Fotos entstanden. (Wahrscheinlich empfand unser Freund und Fotograf, Thomas Grziwa , in seiner unaufdringlichen Art gute Fotos zu machen, das Spiegelgeräusch als brüllend laut und somit blasphemisch)











































































































































Herzlich
Frank


Fotos (c) Thomas Grziwa > Foto-DocuMoments

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Montag, 3. November 2008

Grossformat?

Was ist eigentlich mit Grossformat gemeint. Ich glaube das beigefügte Foto illustriert ganz gut woran ich mich zu schaffen mache....
Ach hätte ich doch nur acht Arme,

















herzlich Frank

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